Gemeinsame Erklärung mit dem Friedensnobelpreisträger 2021, Dmitri Muratov, in der die nukleare Bedrohung und die rücksichtslosen Maßnahmen und Rhetorik von Putin verurteilt werden und Russland aufgefordert wird dem Vertrag über das Verbot von Atomwaffen (AVV, TPNW) beizutreten.

Ursprünglich veröffentlich am 01. März 2022 in der Novaya Gazette.

Dmitri Muratov und Beatrice Fihn

Momentan beobachten wir, wie sich die nuklearen Spannungen auf das bedrohlichste Niveau der Neuzeit steigern. Vladimir Putin droht damit einen Atomschlag zu starten und versetzte den defensiven und offensiven nuklearen Mobilisierungsalarm auf das höchste Level seit dem Ende der Sowjetunion. Gemeinsam mit einem anderen Diktator, Alexander Lukaschenko in Belarus, starteten sie einen Angriff auf die Ukraine und verletzten damit das Völkerrecht, einschließlich der UN-Charta, und ebnen den Weg russische Atomwaffen in Belarus zu stationieren.

Als Empfänger des Friedensnobelpreises 2017 und 2021 warnen wir vor dem beispiellosen Risiko für den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit, das von der Drohung mit Atomwaffen ausgeht, und vor der dringenden Bedrohung, die durch Putins rücksichtsloses Handeln und seine Rhetorik entsteht.

Das Schicksal der Menschheit beruht heute auf der Rationalität einiger weniger Führer, die fast 13.000 Atomwaffen kontrollieren, eine erschreckende Kraft, mächtig genug, die Erde mehrmals zu zerstören. Der Einsatz nur einer einzigen Atomwaffe könnte Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Zivilisten töten und verletzen und die Umwelt über Generationen verstrahlen. Es gibt keine angemessene gesundheitliche Reaktion auf so eine Katastrophe. Aus diesem Grund hat die Mehrheit der Nationen dieser Welt den internationalen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen (AVV, TPNW) angenommen, für den ICAN 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Russlands jüngste nukleare Eskalationen haben uns auf ein gefährliches Niveau der nuklearen Bedrohung gebracht, wie wir es seit der Kubakrise nicht erlebt haben. Russland muss dringend Schritte unternehmen, um die Situation zu deeskalieren.

Insbesondere muss Russland:

  • die Anordnung vom Sonntag [Anm: 27.02.2022], die Alarmstufe der Atomstreitkräfte zu erhöhen, aufheben;
  • sich aus der Ukraine zurückzuziehen und zur Einhaltung der UN-Charta zurückkehren;
  • sich verpflichten, niemals Atomwaffen in Europa zu stationieren;
  • seine Atomwaffen beseitigen.

Menschen in ganz Russland, in ganz Europa und auf der ganzen Welt stehen auf den Straßen und fordern ein Ende dieses illegalen und unrechtmäßigen Krieges und fordern, dass ihre Stimmen in das Gespräch über die Zukunft miteinbezogen werden. Atomwaffen verhindern nicht nur, dass dieses Gespräch stattfindet, sie verhindern auch, dass der demokratische Wille des Volkes und dessen Stimme bei Entscheidungen über ihre eigene Zukunft vertreten werden.

Solange Atomwaffen existieren, besteht die Gefahr ihres Einsatzes. Die Welt kann nicht weiter den Atem anhalten und auf den gesunden Menschenverstand einer Handvoll Weltführer zählen, die die Macht haben uns alle zu vernichten. Wir müssen diese Massenvernichtungswaffen beseitigen. Wir fordern alle Regierungen auf, dem Atomwaffenverbotsvertrag unverzüglich beizutreten. Wir fordern sie auf, Frieden über Krieg und Vernunft über Wahnsinn zu wählen. Wir fordern sie auf, Demokratie und Redefreiheit auf der ganzen Welt zu unterstützen. Jetzt ist die Zeit zu handeln. Wir werden die nächste atomare Krise vielleicht nicht überleben.

Dmitry Muratov (Friedensnobelpreis 2021) und
Beatrice Fihn im Namen der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (Friedensnobelpreis 2017)

Für die russische Version hier klicken.
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Übersetzung: Fabian Hämmerle


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