Der Verbotsvertrag

Der Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) wurde 2017 in den Vereinten Nationen von 122 Staaten angenommen und trat am 22. Januar 2021 in Kraft.

Das Inkrafttreten des Vertrags ist ein historischer Meilenstein der globalen Bewegung für nukleare Abrüstung, die vor 77 Jahren begann und über mehrere Generationen andauert. Der Vertrag verkörpert den Willen der Menschheit, ohne Atomwaffen zu leben. Er stellt einen Sieg der internationalen Demokratie und multilateralen Diplomatie über die Dominanz der Weltmächte dar.

Hier erläutern wir die wesentlichen Inhalte und das Zustandekommen des Vertrags.

Im Folgenden beantworten wir häufig gestellte Fragen und Bestimmungen über die Wirkung des Vertrages.

Was verbietet der Vertrag?

Der Vertrag verbietet Staaten Atomwaffen zu testen, zu entwickeln, zu produzieren und zu besitzen. Außerdem sind die Weitergabe, die Lagerung und der Einsatz sowie die Drohung des Einsatzes verboten. Darüber hinaus verbietet der Vertrag solche Aktivitäten zu unterstützen, zu fördern oder einen anderen Staat dazu zu bewegen, diese Handlungen zu unternehmen. Zudem wird den Staaten die Stationierung von Atomwaffen auf eigenem Boden verboten.

Hier könnt ihr den Vertrag auf Deutsch lesen, sowie hier im Original auf Englisch.

Ist der Vertrag rechtlich bindend?

Ja! Der Vertrag ist seit Jänner 2021 für jene Staaten, die ihn unterzeichnet und ratifiziert haben rechtlich bindend. Allerdings hat er für Staaten, die dem Vertrag nicht beitreten, keine rechtlich bindende Wirkung.

Wie wird ein Staat Mitglied des AVV?

Der Vertrag liegt seit dem 20. September 2017 zur Unterzeichnung aus. Stand Januar 2022 haben 86 Staaten unterzeichnet, wobei insgesamt 59 Staaten den Vertrag auch ratifiziert haben. 90 Tage nach der 50. Ratifikation durch Honduras am 24. Oktober 2020 trat der Vertrag am 22. Januar 2021 in Kraft. Atomwaffen sind dann für alle Vertragsstaaten völkerrechtlich verboten. Je mehr Staaten dem Vertrag beitreten, desto schneller kann die Norm zur Ächtung dieser Massenvernichtungswaffen ihre Wirkung entfalten.

Die Unterzeichnung des Vertrages wird von der Exekutive einer Regierung durchgeführt und ist relativ einfach. Eine Ratifizierung umfasst typischerweise innenpolitische Gesetzgebungsverfahren, wie den Entwurf von Gesetzen über die Aufnahme des Vertrages in das nationale Recht. 

Kann ein Atomwaffenstaat dem Vertrag beitreten?

Ja. Auch Staaten, die derzeit Atomwaffen besitzen, können beitreten. Dafür gibt es zwei Wege:

  • Abrüstung vor dem Beitritt: Die Atomwaffen werden zuerst vernichtet. Dies wird nach einem Beitritt zum Vertrag verifiziert.
  • Abrüstung nach dem Beitritt: Die Einsatzbereitschaft der Atomwaffen muss sofort aufgehoben werden. Der Atomwaffenstaat muss mit den Vertragsstaaten einen rechtsverbindlichen Zeitplan für die irreversible und verifizierte Abrüstung des Arsenals und der Infrastruktur aushandeln und umsetzen.

Die Vernichtung muss in beiden Fällen unumkehrbar sein und wird fortlaufend international verifiziert.

Das Internationale Rote Kreuz hat schon Vorschläge unterbreitet, wie die entsprechenden Deklarationen formuliert sein könnten (auf Englisch).

Kann ein Staat, der Atomwaffen auf seinem Staatsgebiet lagert, dem Vertrag beitreten?

Ein Staat, der Atomwaffen eines anderen Staates auf seinem Staatsgebiet lagert, kann dem Vertrag beitreten, solange er zustimmt, die Atomwaffen innerhalb einer vorgegebenen Frist von seinem Gebiet zu entfernen.

Ist es möglich, dem Vertrag beizutreten und trotzdem in einem Militärbündnis mit einem Atomwaffenstaat zu bleiben?

Ja. Der Vertrag verbietet kein Militärbündnis mit einem Atomwaffenstaat, solange die Beteiligung an diesem Bündnis keine verbotenen Handlungen mit Atomwaffen beinhaltet.

Sieht der Vertrag Überprüfungsmaßnahmen und Sicherheitsklauseln vor, die sicherstellen, dass Staaten keine Atomwaffen entwickeln?

Hierzu setzt der AVV auf genau die gleichen Sicherungsmaßnahmen wie schon der seit 1968 bestehenden Nichtverbreitungsvertrag (NVV). Durch diesen Vertrag haben alle atomwaffenfreie Staaten bereits bilaterale Übereinkommen mit der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEO) in Wien, die den Zugang von Inspektoren zu relevanten Infrastrukturen sichern. Staaten, die bisher noch keine solche Sicherungsmaßnahmen haben, müssen diese innerhalb von 18 Monaten nach Unterzeichnung in Kraft setzen.

Allerdings geht der AVV weiter als der NVV. Kein Staat darf die Sicherungsmaßnahmen, die für ihn am 22. Januar 2021 gegolten haben, zurückfallen. Damit gilt für den AVV ein deutlich höherer Standard bei den Sicherungsmaßnahmen als dies im NVV möglich ist: Für die meisten Staaten werden so die deutlich umfassenderen, sogenannten “IAEO-Zusatzprotokolle” zum neuen Mindeststandard. Der AVV höhlt keinerlei Verpflichtungen aus, denen die Staaten bereits durch die Ratifizierung des Nichtverbreitungsvertrags unterliegen.

Wie steht es um den Opferschutz?

In Artikel 6 und 7 verpflichten sich die Vertragsstaaten Hilfe für die Opfer von Atomwaffeneinsätzen und -tests zu leisten. Dies bedeutet medizinische Versorgung, Reha und psychologische Unterstützung; Sorge für soziale und wirtschaftliche Inklusion sowie die Umweltsanierung kontaminierter Gebiete.

Die Präambel erkennt das durch den Einsatz oder das Testen von Atomwaffen erfahrene Leid an. Erstmals werden die unverhältnismäßigen Auswirkungen von Atomwaffenaktivitäten auf indigene Bevölkerungen, sowie auf Frauen und Mädchen anerkannt.

Der Vertrag wurde also beschlossen! Was hat ICAN jetzt vor?

Unsere Arbeit geht weiter. ICAN wird sich nun darauf konzentrieren, dass dieser Vertrag umgesetzt wird und eine bedeutende Norm gegen Atomwaffen bildet. Damit kann der Vertrag zu nuklearer Abrüstung führen. Dies ist ein langfristiges Projekt, das nicht über Nacht erreicht werden kann.

Derzeit arbeiten wir daran, dass alle Staaten, die sich zum humanitärem Völkerrecht und zu den Menschenrechten bekennen, ihren Werten und Worten treu bleiben und den Vertrag unterzeichnen und ratifizieren. Wir werden außerdem hart daran arbeiten, die Politik und das Verhalten in Atomwaffenstaaten sowie in Atomwaffenbündnissen zu verändern.

Jeder Schritt wird dazu beitragen, die neue Norm – die Ächtung von Atomwaffen auf Grund ihrer verheerenden, humanitären Konsequenzen – zu stärken und das Verhalten von Staaten zu verändern.

Du willst dabei mithelfen? Dann erfahre hier mehr über die Kampagne ICAN!