Schwere, lebenslange und intergenerationelle Schäden resultierten nicht nur von den Nuklearwaffenangriffen auf Hiroshima und Nagasaki, sondern auch durch die Entwicklung, Tests und Produktion von Nuklearwaffen. Spätfolgen und langanhaltende Umweltverseuchung werden weiterhin neue Opfer schaffen. Diese Schäden haben einen unverhältnismäßig starken Effekt auf Frauen und Eingeborene – diese Anerkennung in der überarbeiteten Präambel ist sehr wichtig.

Manche Delegation, etwa Ägypten, Iran, Kuba und Vietnam, unter anderen, setzten sich dafür ein, dass die Hauptverantwortung für den Opferschutz bei jenen Staaten liege, die für das Leid verantwortlich sind. Malaysia argumentiert, dass das Völkergewohnheitsrecht diese Lesart stütze, u.a. in den Artikeln zur Staatenverantwortlichkeit für völkerrechtswidriges Handeln. Andere Staaten, sowie die Zivilgesellschaft sehen die Hauptverantwortung dafür, dass die Rechte der Opfer respektiert und ihre Bedürfnisse erfüllt werden, aber bei jenen Staaten, in denen ein Opfer lebt oder arbeitet. Dies sei konsistent mit ihrer Souveränität, allgemeinen Menschenrechtsverpflichtungen und ihrer Verantwortung gegenüber ihren Bürgern.

Dieser Ansatz bedeutet nicht, dass betroffene Staaten die Verantwortung alleine tragen müssten. Belastbare internationale Zusammenarbeit in dieser Frage ist der Schlüssel, um betroffenen Staaten bei der Versorgung der Opfer zu helfen, und um die Verantwortlichkeiten hierfür unter allen Vertragsstaaten zu klären. Die Artikel zum Opferschutz in den Verträgen zu Antipersonenminen und Streumunition gehen diesen Weg, und stark betroffene Länder sind diesen Verträgen in der Tat beigetreten.

Während der Diskussionen um den Opferschutz im Artikel 6(1) setzten sich Brasilien, Irland, Ghana, der Heilige Stuhl, Mosambik und die Philippinen stark dafür ein, die abschwächende Sprache zu entfernen, der zufolge nur Vertragsstaaten die „dazu in der Lage sind“ Opferschutz bereitstellen müssten. Menschenrechte verpflichten alle Staaten zum Opferschutz, und dies sollte auch in diesem Vertrag seinen Niederschlag finden. Das würde Staaten nicht davon abhalten, Kompensation für den Schaden durch andere, friedliche Mittel zu suchen. Der Vertrag sollte jene Staaten, die für humanitäres Leid und Umweltzerstörung verantwortlich sind, auf jeden Fall dazu anhalten, betroffene Staaten bei ihren Verpflichtungen zum Opferschutz zu helfen.

Uganda brachte ein, dass der aktuelle Text zwischen Opferkategorien diskriminiere, da er alters- und genderspezifische Hilfe vorsehe. Tatsächlich schützt die gefundene Sprachreglung aber gegen Diskriminierung: Wenn es keine alters- und genderspezifische Regelungen gibt, tendiert Opferschutz dazu, Frauen, Kinder und Alte zu vernachlässigen. Es geht also nicht darum, diesen spezifischen Gruppen mehr Hilfe anzubieten, sondern eher sicherzustellen, dass ihre spezifischen Bedürfnisse nicht übersehen werden.

Es gab kaum eine Debatte dazu, welche Akte von der Reglung zum Opferschutz abgedeckt werden sollten, obgleich Mexiko vorschlug, „Einsatz und Testen von Nuklearwaffen“ mit „jedwede Detonation einer Nuklearwaffe oder nuklearen Vorrichtung“ zu ersetzen. Dieser Artikel sollte erweitert und um die Produktion von Nuklearwaffen ergänzt werden, um den Umweltauswirkungen von Uranminen und Produktionsprozessen gerecht zu werden. Dies sollte auch andere Nuklearwaffeninnovationen einschließen, z.B. sogenannte Kleinversuche („minor trials“) welche Großbritannien in Australien vollzog; zwar ohne nukleare Detonation, aber mit Strahlenschäden.

Artikel 6(1) sieht nützlicherweise verschiedene Typen des Opferschutzes vor. Diese Detailtiefe fehlt derzeit in Artikel 6(2) zur Umweltschutz. Wie Nigeria am Dienstag sagte, sollten Wiederherstellungsmaßnahmen im Vertrag nicht vage bleiben. Der Text sollte Vertragsstaaten klar dazu verpflichten, Kontaminierung in Gebieten unter ihrer Kontrolle zu beseitigen. Der Vertrag sollte auch Prinzipien zur Wiederherstellung der Umwelt und zum Schutz der Bevölkerung vor Umweltschäden detaillierter darstellen, und Richtlinien für derlei Unternehmungen vorgeben. Dies könnte es zu Voraussetzungen machen, Gefahren und Kontamination zu messen, Risiken der zu reduzieren, Gebiete zu dekontaminieren, nationale Gesetze und Aktionspläne zu erlassen.

Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) schlug vor, in Artikel 6(2) zu spezifizieren, jeder Staat müsse „notwendige und geeignete Maßnahmen für derart kontaminierte Gebiete ergreifen“, was unter anderem durch die Philippinen unterstützt wurde. Die Schweiz schlug vor, der gleiche Absatz sollte lauten, „Staaten sollten Schritte hin zur Umweltwiederherstellung einleiten“, was wiederum Schweden unterstützte.

Was internationale Kooperation und Hilfe anbelangt, schlugen manche Staaten vor, Artikel 6 und 8 zusammenzulegen. Andere erhoben Einspruch, da Aspekte der Zusammenarbeit über Opferschutz und Umwelt hinausgingen. Das IKRK, der Heilige Stuhl, und die Schweiz schlugen vor, Artikel 6(3) in Artikel 8 zu integrieren, während Liechtenstein vorschlug, Artikel 8 könne auf Artikel 6 Bezug nehmen. Es ist wichtig, diese Artikel im Kontext zu sehen, um Opfer- und Umweltschutz so einfach wie möglich zu gestalten; dennoch ist es vorzuziehen, sie in zwei separaten Artikeln zu regeln. Es sollte auch eine Verpflichtung geben, wie von einigen Staaten vorgeschlagen, anderen Vertragsstaaten Hilfe zukommen zu lassen, falls diese angefordert wird. Es wäre darüber hinaus sinnvoll zu beschreiben, was für Hilfsmaßnahmen angefragt und bereitgestellt werden können, etwa rechtliche und legislative Hilfe, Hilfe zum Aufbau administrativer Kapazität, technische, materielle oder finanzielle Unterstützung.

Der Nuklearwaffenverbotsvertrag ist von Vorn bis Hinten ein humanitäres Instrument. Wir müssen daher Acht darauf geben, Hilfe für Opfer und Umwelt bereitzustellen, wenn diese unter Nuklearwaffen gelitten haben. Dies bedeutet nicht, wie etwa ein Staat implizierte, dass wir uns auf den zukünftigen Test oder Einsatz von Nuklearwaffen einstellten. Vielmehr bedeutet es, dass wir das grauenvolle Erbe anerkennen, welches Nuklearwaffen bereits hinterlassen haben, und dass wir sicherstellen, dass Menschenrechte und Umweltschutz respektiert werden.

Verfasst von Ray Acheson, Reaching Critical Will, in Nuclear Ban Daily Vol. 2, Nr. 5. Aus dem englischen übersetzt von Leo Hoffmann-Axthelm (siehe www.icanw.de).

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