Was ist die OEWG?

Für besonders dringliche internationale Fragen kann die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York spezielle Foren einrichten, wie zum Beispiel eine “Arbeitsgruppe mit offenem Ende” – Open-Ended Working Group (OEWG).

Die nun einberufene OEWG beruht auf den Ergebnissen der drei “Humanitären Konferenzen”, die in Oslo (2013), Nayarit und Wien (2014) stattgefunden und die die schweren humanitären Auswirkungen von Nuklearwaffen veranschaulicht haben. Bei der Wiener Konferenz im Dezember 2014 hat sich Österreich mit dem “Humanitarian Pledge” engagiert, die völkerrechtliche Lücke um Nuklearwaffen schließen zu wollen und über 120 Staaten sind diesem Pledge bereits beigetreten.

Nach rund zwei Jahrzehnten mangelnder Ergebnisse in den Foren für nukleare Abrüstung und gerade in Zeiten zunehmender Spannungen unter nuklear bewaffneten Staaten, brachte Mexiko während der vergangenen UN-Generalkonferenz eine Resolution für die Einrichtung einer OEWG ein. Um aufbauend auf den humanitären Konferenzen, rechtliche Maßnahmen und Normen für die Verwirklichung einer Welt ohne Nuklearwaffen zu entwickeln. Die Resolution von Mexiko wurde von 142 Staaten unterstützt, also zwei Drittel der UN-Mitgliedsstaaten.

Was wird in der OEWG diskutiert?

Das Mandat der OEWG ergibt sich aus der Resolution und baut auf zwei Teilen auf:

  • Zum einen soll sich die OEWG mit effektiven rechtliche Maßnahmen befassen, die für das Erreichen und Erhalten einer nuklearwaffenfreien Welt notwendig sind („address the effective legal measures, provisions and norms that will be needed to attain and maintain a world without nuclear weapons“, kurz: “effective legal measures”).
  • Zum anderen soll die OEWG Empfehlungen für Maßnahmen ausarbeiten, mit dem Ziel die Transparenz in diesem Bereich auszubauen, das von Nuklearwaffen ausgehende Risiko zu reduzieren und das Bewusstsein über die humanitären Folgen von Nuklearwaffen zu stärken (kurz: “other measures”).

Die substanziellen Ergebnisse und Empfehlungen der OEWG werden im Oktober 2016 der Generalversammlung als Bericht vorliegen.

Die Diskussionen in der OEWG werden in drei Etappen (insgesamt 15 Arbeitstage) im UN-Sitz in Genf durchgeführt:

  • 22. – 26. Februar: Hier werden einleitend die Ergebnisse der OEWG von 2013, sowie die Entwicklungen der Humanitären Initiative seit 2013 vorgestellt; pro Mandatsbereich (“effective legal measures” und “other measures”) wird je eine Panel-Diskussion stattfinden.
  • 2. – 13. Mai: In dieser Session können die teilnehmenden Staaten und die Zivilgesellschaft Ideen für die Herangehensweise – meist in Form von “Papers” – vorstellen.
  • 22. August: In dieser Session soll der Endbericht, der dann im Herbst der Generalversammlung vorgestellt wird, finalisiert werden.

Links zu den Dokumenten für die laufende Februar-Tagung:

Die Teilnehmer*innen

An der OEWG  können alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, UN-Organisationen, sowie andere internationale Organisationen und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft teilnehmen. ICAN ist mit vielen Campaigner*innen aus der ganzen Welt vertreten, auch viele Partnerorganisationen wie Reaching Critical Will sind vor Ort.

Somit ist die Arbeitsgruppe mit offenem Ende im Gegensatz zu anderen Abrüstungsforen, allen voran der Genfer Abrüstungskonferenz, inklusiv. Dennoch erheben Nuklearwaffenstaaten und nuklear bewaffnete Staaten, sowie Staaten in militärischen Allianzen den Einwand, dass die OEWG nicht “inklusiv” wäre: ein Vorwand, um die Abwesenheit dieser Staaten von der OEWG zu rechtfertigen (siehe dazu weiter unten die Argumente der Gegner dieser OEWG).

Der Vorsitz

Die Ko-Sponsoren der Resolution haben den thailändischen Botschafter Thani Thongphakdi zum Präsidenten der OEWG ernannt. Thailand hat sich in den letzten Jahren als Vorreiter der Region Südostasien zu einem wichtigen Unterstützer der humanitären Initiative etabliert. Eine wichtige Rolle spielt der Vorsitz beim Verfassen des Berichts, der bei der August-Tagung angenommen und anschließend bei der UNO-Generalversammlung im Herbst präsentiert wird.

Wer sind die Gegner der Einrichtung einer OEWG?

Die fünf im Nuklearwaffensperrvertrag (NPT) anerkannten Nuklearwaffenstaaten China, Russland, das Vereinigte Königreich, die Vereinigten Staaten und Frankreich haben während der vergangenen UN-Generalversammlung ein gemeinsames Statement verlesen, in dem sie auf ihre Gründe für die Ablehnung der Errichtung einer OEWG eingehen: Demnach würde ein Verbotsvertrag von Nuklearwaffen das NPT-Regime untergraben. Eine Arbeitsgruppe hätten sie nur dann befürwortet, wenn sie einer strikten Konsens-Regel unterliegen würde – denn somit hätten sie jegliche Entscheidungen bis hin zur Ernennung eines Vorsitzenden und zur Beschließung einer Tagesordnung – beeinflussen bzw. blockieren können.

Doch auch einige nicht nuklear bewaffnete Staaten unterstützen die OEWG nicht. Deutschland, auf dessen Staatsgebiet US-Nuklearwaffen stationiert sind, hat sich bei der Abstimmung über die Resolution mit dem Vorwand enthalten, dass die OEWG nicht “inklusiv” wäre – in Wahrheit jedoch ist die OEWG allen Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen offen zugänglich. Auch Japan und Australien haben sich bei der Abstimmung enthalten (beide ebenso unter dem Nuklearwaffenschirm der USA).

Die nuklear bewaffneten Staaten Indien und Pakistan argumentieren, dass die OEWG die Abrüstungskonferenz gefährdet. Das ebenso in Genf ansäßige Forum stagniert jedoch bereits seit über zwei Jahrzehnten und ist rund zwei Drittel der Staaten weltweit – großteils Entwicklungsländern – nicht zugänglich.

Führen die Aktivitäten der OEWG zu einem Verbotsvertrag?

Bei der OEWG handelt es sich nicht um formelle Verhandlungen – das Ergebnis wird also kein internationaler Vertrag sein, sondern ein Bericht des Vorsitzenden, der die Diskussionen widerspiegelt und darauf aufbauend Empfehlungen abgibt. Empfehlungen könnten allerdings als Grundlage für die UN-Generalversammlung dienen, Verhandlungen für ein Nuklearwaffenverbot einzuberufen (wie das zum Beispiel der Fall beim Arms Trade Treaty war).

Die Arbeit von ICAN fokussiert bei der OEWG darauf, dass die teilnehmenden Staaten dieses Forum nutzen um die mögliche Form und die konkreten Elemente eines Verbotsvertrages, die die rechtliche Lücke für die Abschaffung und Eliminierung von Nuklearwaffen füllen können, inhaltlich zu diskutieren.

Was erwartet sich ICAN von der OEWG?

Das konkrete Ergebnis der OEWG wird der Bericht des Vorsitzenden sein und das gesamte Spektrum der Diskussion wiedergeben – das heißt, dass sowohl die von Gegnern der OEWG sowie von Befürwortern von Nuklearwaffen angeführten Argumente in diesem Bericht aufscheinen werden. Doch eine Mehrheit der Staaten schließt sich bereits der Auffassung an, das Nuklearwaffen verboten werden müssen.

Unser Einsatz wird demnach weniger dem Feilen an einzelnen Sätzen im Bericht gelten, sondern vielmehr darauf abzielen, ein breites und repräsentatives Spektrum an Staaten aus allen Regionen der Welt zur aktiven Teilnahme an den substantiellen Diskussionen zu bewegen, und jene Staaten, die sich bereits dem Humanitarian Pledge angeschlossen haben, zu mobilisieren.

Wichtig ist, dass die OEWG für möglichst inhaltliche Diskussionen über rechtliche Möglichkeiten genutzt wird, damit Staaten sich auf Elemente eines zukünftigen Verbotsvertrages einigen können. Somit soll der Weg zu Verhandlungen für ein Verbot von Nuklearwaffen geebnet werden.

Weitere Informationen

  • ICAN Deutschland hat anlässlich des Beginns der offenen Arbeitsgruppe (OEWG) einen Kommentar zum Format der OEWG und ihrem Handlungsspielraum verfasst. Mehr dazu hier
  • Auch ICAN International hat einen Artikel zur OEWG verfasst und Direktorin Beatrice Fihn veröffentlichte einen Artikel für die Huffington Post.
  • Während der Konferenz sammelt Reaching Critical Will alle Informationen, tweetet von den Treffen und schreibt regelmäßige Berichte über die Geschehnisse von jedem Tag.
  • Neuigkeiten können auch auf Twitter verfolgt werden. Haltet Ausschau nach den Hashtags #OEWG und #goodbyenukes . Einen umfassenden Überblick erhaltet ihr auf unserer Tweetmap!

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